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Kinderwunschblog

Auf meinem Kinderwunsch Blog schreibe ich über die verschiedenen Aspekte rund um das Thema unerfüllter Kinderwunsch und wie Ihr damit umgehen könnt. Sei es als Singe-Mann, Single-Frau oder als Paar. Dabei umfassen meine Beiträge emotionale, soziale, psychische und medizinische Aspekte sowie Informationen zu bestimmten Fragestellungen wie Ablauf einer Kinderwunschbehandlung oder der Auswahl eines passenden Kinderwunschzentrums. Wenn Ihr Euch einen Blogbeitrag zu einem ganz bestimmten Thema wünscht, schreibt mir doch gerne.

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  • Daniela Zeibig

Interview zum Thema „Unerfüllter Kinderwunsch beim zweiten Kind"

Aktualisiert: 25. März

Wenn das so sehr gewünschte zweite Kind nicht kommt, spricht man in Fachkreisen von Sekundärer Unfruchtbarkeit oder Sekundäre Infertilität. Es gibt natürlich auch Familien, die zwei Kinder haben und bei denen sich der Wunsch nach einem dritten Kind nicht erfüllt. Deutlich öfters und insgesamt garnicht so selten tritt allerdings der Fall ein, dass Paare mit dem ersten Kind recht einfach und schnell schwanger geworden sind, es aber beim zweiten nicht klappen will. Das Thema, das weiß ich aus eigener Erfahrung, ist deshalb sehr schwierig, weil es ja schon ein Kind gibt. Inwiefern dies so schwierig ist, darüber spreche ich heute mit Kerstin M., Mutter eines 5-jährigen Sohnes, die ich im Zuge meiner Arbeit als psychosoziale Kinderwunschberaterin kennenlernen durfte. Sie erklärte sich bereit, mit mir über den unerfüllten „Geschwisterkind-Wunsch“ von Ihr und Ihrem Mann zu sprechen.


Kerstin, erst einmal vielen Dank, dass Du mit mir über dieses wie ich finde hochrelevante und in den Medien immer noch unterbesetzte Thema sprichst. Du bist ja heute in der Situation, dass Du in Frieden bist mit Deiner Situation. Du hast einen wunderbaren Sohn, der gerade 5 Jahre alt geworden ist. Wie war das für Dich, als Ihr Euch ein zweites Kind, ein Geschwisterchen, für Euren Sohn, gewünscht habt?

Es war eine echt schlimme, schmerzvolle Zeit. Mein Mann und ich, wir konnten es einfach nicht verstehen und akzeptieren, dass es nicht klappt. Obwohl es doch bei unserem Sohn so schnell ging, ohne jegliche Komplikationen. Dazu kam noch, dass mein Mann dann irgendwann in diesem Prozess eigentlich total okay war, dass wir eben ein Kind haben. Für ihn war unsere Familie komplett. Nur war es bei mir eben anders. Und irgendwann konnte ich mit ihm dann irgendwann nicht mehr über meinen starken Wunsch und meinen Schmerz sprechen, zumindest hatte ich das Gefühl. In meinem Umfeld tauchte alle paar Wochen wieder eine neue Mama mit Bauch auf, wo sich das Geschwisterkind ankündigte. Und jedesmal durchzuckte mich ein so großer Schmerz, dass ich mich am Liebsten weggeschlossen hätte, um das alles nicht mehr ansehen und ertragen müssen. Gleichzeitig hatte ich ja meistens meinen Sohn bei mir, mein ein und alles. Ich hab das schlichtweg nicht zusammen gekriegt. Und ich musste ja dann genau in so einer Situation stark bleiben, auch, wenn er gefragt hat, ob die Frau schwanger ist. Zu allem übel – sag ich jetzt mal so salopp – fand er das immer total spannend mit den Mamabäuchen. Ich hab da natürllich gleich raus interpretiert, dass er sich auch ein Geschisterchen wünscht, obwohl er das so nie gesagt hat. Das ist ein richtig fieses Gefühl. Das Ganze mit sich selber ausmachen, okay. Ist schon schwierig genug, aber dann diese Verstrickung und die Verantwortung für das Kind das ja schon da ist. Gleichzeitig hab ich wie besessen nach Familien gesucht, die auch ein Kind haben. Ich suchte förmlich nach Zuspruch von Familien, die sagten, dass es ganz bewußt bei einem Kind bleiben würde. Nur, um mich nicht so unglaublich alleine zu fühlen, nur, damit es eine Möglichkeit gibt, dass es auch was Gutes hat, wenn es eben nicht klappt mit dem Geschwisterchen. Dass es so gut ist, dass sich Menschen bewußt und nicht aus der Not heraus dafür entscheiden. Und zu wissen, dass ich niemanden habe, mit dem ich diese schmerzvolle Erfahrung teilen kann, war schier unerträglich.


Für mich klingt es so, als ob dieser gefühlte Widerspruch, also, auf der einen Seite dieses Kind, das da ist, so sehr zu lieben und dann auf der anderen Seite sich gleichzeitig so sehr ein zweites Kind zu wünschen, dass das sehr an Dir gerissen hat. Wie ging es damit weiter?

Ja, ich hab mich zeitweise fast schon „zerrissen“ gefühlt. Ich musste mir erst einmal selbst zugestehen, dass ich leide und leiden darf. Denn: Es gibt ja ein Kind. Warum beschwere ich mich eigentlich? „Du hast doch ein Kind, freu Dich doch darüber, dass es überhaupt einmal geklappt hat“, habe ich anfangs oft gehört, geglaubt und mir selbst immer wieder gesagt; nur, gefühlt habe ich eben nur diesen Mangel, diese Sehnsucht. Ich fühlte mich so schlecht meinem Sohn gegenüber, hatte schlimme Schuldgefühle. Ich dachte ich würde ihm signalisieren, er reiche nicht aus. Er sei nicht genug. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Zum einen wünschen wir uns ja auch für ihn ein Geschwisterchen. Außerdem wurde mir irgendwann, auch im Zuge einer Beratung, etwas ganz Zentrales klar: Beides darf sein. Wir sind und waren schon immer unglaublich dankbar für unser Kind. Und gleichzeitug dürfen wir leiden und trauern, wenn es mit einem zweiten Kind nicht klappt. Dass darf beides nebeneinander stehen und widerspricht sich eben überhaupt nicht. Und die Sehnsucht nach einem zweiten Kind nimmt nichts von der Liebe für das erste Kind weg. Ich hätte mir gewünscht, dass mir das damals jemand so deutlich und klar gesagt hätte. ES hätte mir viel Schmerz und viele Schuldgefühle gespart.


Was waren Deine größten Ängste? Was ging Dir durch den Kopf?

Ich hatte viele Ängste. Eine der größten war, dass ich einen Fehler machen könnte, wenn ich jetzt nicht alles daran setze, dieses zweite Kind auf welchem Wege auch immer zu bekommen. Ich war damals ja bereits 40. Das Fenster schloss sich so langsam. Mir war klar, wenn nicht jetzt, dann nie. Wir haben dann auch noch zwei künstliche Befruchtungen probiert. Aber es hat nicht geklappt. Wir hätten es aber weiter probieren können, hätten noch mehr Ärzte und Kliniken probieren können. Es hätte ja möglicherweise auch mit einer Eizell- oder Samenspende oder sogar einer Embryospende im Auskand klappen können. Ich war schlichtweg völlig unsicher, wie weit ich gehen will, welchen Preis ich bezahlen will für ein mögliches zweites Kind. Ganz unabhängig von meinem Mann. Denn, selbst wenn wir wirklich alles probiert hätten, ob da am Ende ein Kind, ein gesundes Kind rauskommt, weiss ja auch keiner. Es gibt eben keine Garantie. Wenn Du ein Jahr auf eine Prüfung büffelst und alles gibst, dann wirst Du wahrscheinlich bestehen. Beim Kinderwunsch ist das leider anders. Außerdem fand ich, dass mein Kind, das ja da ist, auch einen Anspruch auf eine Mama hat, die da ist. Das war sicherlich auch eine Angst, dass ich mein Familienglück mit einer weiteren Kinderwunschbehandlung gefährde und diese kostbare Zeit mit meinem Sohn eintrübe oder gar verliere. Denn Kinderwunschbehandlungen sind zeitmäßig aber vor allem emotional total einnehmend. Und mein Sohn braucht mich ja auch.


Wie hast Du denn dann herausgefunden, wie weit Du gehen willst?

Nachdem die beiden künstlichen Befruchtungen nicht geklappt haben, bin ich erst mal in ein Loch gefallen. Als ich da halbwegs rauskam, habe ich überlegt, was ich noch tun könnte. Mir fiel dann etwas ein, das ich aus meiner Arbeit kenne. Nämlich, erst mal einen Weg zu gehen und zu fühlen, ob es der richtige ist. Trial and Error sozusagen. Weil mir irgendwann klar wurde, dass ich mich, wenn ich nur denke aber nicht ins Tun komme, nicht aktiv werde, dass ich mich dann echt nur im Kreis bewege und erst nichts bewege. Und dass mich das ausbrennt und immer ungkücklicher macht. Ich habe also eine weitere Kinderwunschklinik ausfindig gemacht, die noch andere Möglichkeiten anbietet. Der nächste Schritt wäre gewesen, dort einen Termin zu machen, um sich zu informieren. Zu dem Termin kam es aber nie. So habe ich gemerkt, dass ich das offenbar nicht will. Ins Tun zu kommen hat mich also ein Stück weiter gebracht. Der Schmerz war aber natürlich immer noch da. Mir war nur klar geworden, dass ich diesen einen Weg schon Mal nicht gehen wollte. Aber welchen dann? Da ich gemerkt habe, dass ich mich im Kreis drehe und alleine einfach nicht weiterkomme, habe ich mich dann noch bei internationalen Facebook-Gruppen zum Thema „One Child not by choice“ angemeldet. Das war eine unglaubliche Entlastung. Diese tausende von Frauen, genau mit meinen Themen. Das war ein Weg aus der Isolation. Zum ersten Mal hatte ich gefühlt den Kopf wieder aus dem Wasser gestreckt. Nur, wie sollte ich jetzt weiter machen? Ich brauchte ja eine Lösung für mich, für unsere individuelle Siatuation. Also habe ich mir endlich für mich alleine professionelle Unterstützung geholt. Ich hätte mir gewünscht, dass mein Mann dabei ist. Irgendwie habe ich aber auch gemerkt, dass das Ganze viel mehr mit mir als mit uns als Paar zu tun hat. Dass es okay ist, wenn ich ein Stück ohne ihn gehe. Es war nur eine einzige Sitzung, die ich damals hatte und sie war eine unfassbare Entlastung für mich und hat einen Prozess in Gang gesetzt. Bis dahin war alles verknotet und verheddert und unbewusst. Bei dieser Kinderwunschberaterin konnte ich zum einen – und das war ein zentraler Schritt – endlich mal alles loswerden, das Innere nach außen kehren. Nichts musste ich zensieren, es war endlich ein Raum für mich, wo ich einfach alles mal „auskotzen“ durfte. Es war so viel in mir drin, das ich lange zurückhalten musste. Oder zumindest dachte ich müsste es. Auch, weil es eben keinen Raum für diese Trauer gab, zumindest habe ich gedacht, ich hätte keinen Raum.


Was hat Dir noch geholfen?

Ich habe gemeinsam mit dieser Beraterin meine inneren Stimmen transparent gemacht. Wir haben zusammen geschaut, welche Stimmen, welche Glaubenssätze in Bezug auf das zweite Kind da eigentlich in mir drin arbeiten und mich beeinflussen. Es war so erleichternd, endlich mal so Sachen zutage zu fördern wie mein Glaubenssatz „man muss zwei Kinder haben, sonst ist man keine Familie“. So ein, entschuldigung, Blödsinn. Diese Arbeit hat mich zum ersten Mal strukturiert und mir unglaublich viel Klarheit über mich gebracht. Ich habe diesen vielzähligen und oft widersprüchlichen Stimmen in mir einen Platz gegeben, Sie aus dem teils Unbewussten ans Licht gebracht. Ich habe da übrigens auch gespürt, dass es durchaus auch Anteile gibt, die auch was ganz anderes wollen, etwa mich beruflich endlich verwirklichen oder mich mehr um meine Beziehung kümmern. Davor waren die alle total verschüttet. Eine echt unglaubliche Entlastung und ich hab da zum ersten Mal wieder Kraft in mir gespürt, Hoffnung, Energie, mein Leben in die Hand zu nehmen und das wunderbarste daraus zu machen. In die Gestaltung zu kommen. Ich habe das dann alles auf ein großes Blatt Papier geschrieben bzw. gemalt. Und ich bewahre es als meinen Schatz auf, auch einmal für unseren Sohn. Oder wenn ich mal hadere.


Wie würdest Du denn heute diesen Wunsch nach einem zweiten Kind beschreiben? Ist der noch da?

Ich glaube, ein Teil in mir wird sich immer wünschen, dieses Kind zu haben oder sich fragen, wie es wohl gewesen wäre, wenn unser Sohn mit seinem kleinen Geschwisterchen spielt. Wie wir als Familie gewesen wären. Sprich, ich glaube, der Wunsch geht nicht weg. Aber er ist nicht mehr so präsent. Er macht mich nicht mehr ohnmächtig oder hilflos. Außerdem sehe ich es nicht als Mangel. Vielmehr ist es jetzt ein Teil von mir, wie jede Trauer die wir früher oder später in uns tragen, weil wir eine wichtige Person oder etwas anderes sehr Existentielles verlieren. So sehe ich es heute. Die Zeit macht die Trauer sanfter. Ein unerfüllter Kinderwunsch beim zweiten Kind bedeutet lebenslang eine gewisse Wehmut, eine gewisse Trauer in sich zu tragen. Nur wird diese mit den Jahren weniger, zarter, weniger existentiell. Das Akzeptieren meiner wunderbaren Familie wie sie jetzt da ist, übernimmt immer mehr. Vorteile werden fühlbarer. Ich erlebe, erfahre und erfühle immer öfters, wie wundervoll meine Familie ist. Und was eben auch mit einem Kind möglich ist und mit zweien schon nicht mehr so sehr. Dass garnichts fehlt, dass sie komplett ist. Jetzt kommen mir gerade echt die Tränen...Es ist nicht so, wie ich dachte, dass es kommt, und es ist dennoch gut. Dieser Trauerprozess muss aber durchlaufen werden. Natürlich kommt das Thema immer wieder. Das ist ja auch bei anderen zentralen Verlusten so. Sei es, weil unser Sohn angesprochen wird, warum er keine Geschwister hat und auf uns zukommt oder weil er aus sich heraus mit dieser Frage auf uns zukommt oder sich sogar explizit ein Geschwisterchen wünscht. Im Übrigen war das am Anfang das Schlimmste für mich, wenn er gefragt hat. Aber indem ich immer klarer wurde im Ineren, wurde ich auch nach außen klarer und kann ihn da heute total gut abholen, ohne gleich ins Loch zu fallen. Ich bin wieder im Gefühl der Fülle angekommen und nicht mehr im Gefühl des Mangels.


Wenn Du den Menschen da draußen, die auch in der Situation sind, wie Du es warst oder noch bist, welche eine einzige Sache würdest Du ihnen raten?

Reden. Klingt banal. Aber versucht bitte nicht, das mit Euch auszumachen und sucht Euch die richtigen Menschen. Das Thema lässt sich nicht mit jedem besprechen und wir sind so verletzbar. Mir persönlich hat es auch geholfen, in diese Facebook Gruppen zu gehen und einfach mal zu sehen, wie viele genau meine Themen, Fragen, Zweifel haben, von denen ich dachte, das gibt‘s nur bei mir. Eben, weil über diesen Wunsch nach einem zweiten Kind so selten gesprochen wird. Das Mitlesen und ab und an eine Frage in der Facebook Gruppe stellen, hat aber nur am Anfang Entlastung gebracht. Ich habe dann auch gemerkt, dass ich eben doch eine Lösung brauchte, die für mich und für uns passt. Dafür braucht es Arbeit und am Besten jemanden, der das Kuddelmuddel im Kopf mit uns aufräumt und alles sortiert, so dass man wieder klar sehen kann. Erst dann gelingen auch Entscheidungen. Sonst steckt man ewig in seinem eigenen Gedankenkarussel fest.


Danke, liebe Kerstin und freue mich aufrichtig, dass Du heute so zufrieden und klar bist und Deine Familie geniessen kannst wie sie ist.


Im Nachgang habe ich nochmal, basierend auf dem Interview und auch aus meiner eigenen Erfahrung, die wichtigsten Punkte in Kürze zusammen gefasst.


  1. Betroffene sollten, wenn möglich, ärztliche Hilfe suchen, um herauszufinden, warum sie nicht schwanger werden oder schwanger bleiben. Frauen bis Anfang 30 sollten, wenn sie nach einem Jahr trotz regelmäßiger Versuche nicht schwanger geworden sind, einen Arzt aufsuchen; Frauen über 35 bereits nach sechs Monaten. Das gilt natürlich für das erste und jedes weitere Kind, nicht explizit nur für das zweite.

  2. Die möglichen Wege ein Stück gehen, um herauszufinden, welches der stimmige Weg ist. Oft spüren Betroffene auf dem Weg, dass er stimmig ist oder eben nicht. Gleichzeitig hilft diese Vorgehensweise, ins Tun zu kommen, selbstwirksam zu werden und nicht in Hilflosigkeit zu verharren. Und kommen so auf ihrem ganz individuellen Weg weiter.

  3. Sich bewußt sein: Die Liebe zum eigenen Kind und der innige Wunsch, ein weiteres Kind zu bekommen, dürfen nebeneinander bestehen und sind kein Widerspruch.

  4. Es ist und bleibt eine emotionale Angelegenheit, unabhängig, wie gut die Fakten auf rationaler Ebene durchdrungen wurden. Betroffene sollten sich im Klaren sein, dass, selbst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, es eine sehr komplexe und emotionale Entscheidung bleibt. Oft ist die rationale Seite klar, die emotionale besagt aber etwas anderes. Oft braucht es schlichtweg Zeit. Und gefühlte Widersprüche gehören ein Stück weit dazu.

  5. Klarheit über die inneren Stimmen, die Glaubenssätze. Welche Motivation steht hinter dem Kinderwunsch? Es ist wertvoll, wenn Betroffene sich dies genauer anschauen. Nicht selten schlummern überholungsbedürftige Annahmen im Unbewussten, wie etwa, dass eine Familie zwei Kinder haben muss, um eine vollständige Familie zu sein oder dass Einzelkinder egoistisch sind. Alles längst überholte, veraltete Annahmen, die teils noch sehr stark in der Gesellschaft oder Teilen der Gesellschaft als Wahrheiten angenommen werden.

  6. Wenn Betroffene sich mitteilen, sich in einem sicheren Raum öffnen, bringt das oft eine enorme Entlastung. Das kann eine gute Freundin sein. Bestenfalls jemand, der das Thema überblicken und nachfühlen kann. Dies ist vor allem bei ebenfalls Betroffenen der Fall (etwa in einer Support Gruppe zum Thema unerfüllter Kinderwunsch) oder aber natürlich bei allen psychologischen Fachkräften, insbesondere den psychosozialen Kinderwunschberatern. Hier kann gezielt auf die individuelle Situation eingegangen werden.

  7. Männer und Frauen gehen grundsätzlich mit so einem schwerwiegenden Thema wie einem unerfüllten Kinderwunsch (auch beim zweiten Kind) anders um. Oft wird den Männern ein Mangel an Emotionen und Gefühlen und den Frauen ein Zuviel davon und ein Mangel an Rationalität vorgeworfen. In konstruktiven Gesprächen lassen sich diese Unterschiede stärkend nutzen, anstatt dass sich jeder Partner in Resignation zurückzieht; dies ist leider noch immer sehr oft der Fall.

  8. Betroffene Männer und Frauen brauchen eine Antwort auf die Frage, ob oder wann es noch ein Geschisterchen gibt. Hier gilt der Leitsatz „Fake it until you make it“. Solange Betroffene diese Frage noch aus der Bahn wirft, ist es besonders hilfreich, sich schon eine Antwort zurecht zu legen, die bestenfalls jegliche Nachfragen unterbindet und das eigene Ich stärkt. Zum Beispiel: „Wir haben ein Kind und sind sehr glücklich“ oder „Wir haben uns für ein Kind entschieden und sind heute sehr glücklich“. Kurz und knapp. Bitte prüfen Sie, was für Sie passt. Natürlich gibt es, je nachdem wer der Gesprächspartner ist, auch die Möglichkeit, mehr zu sagen. „Wir haben versucht, ein zweites Kind zu bekommen. Es hat nicht geklappt. Darüber waren wir mal sehr traurig. Heute sind wir glücklich über unsere Familie wie sie ist und wollen sie nicht mehr anders“.


Diese Thema ist sehr komplex und umfasst viele andere Bereiche, wie etwa das Thema Paardynamik oder soziale Abgrenzung. Darauf kann ich im Zuge dieses Interviews und Blogartikels nicht in der Tiefe eingehen, weil es den Rahmen sprengen würde. Ich werde aber zu gegebener Zeit hierzu einen Artikel veröffentlichen.



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