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Kinderwunschblog

Auf meinem Kinderwunsch Blog schreibe ich über die verschiedenen Aspekte rund um das Thema unerfüllter Kinderwunsch und wie Ihr damit umgehen könnt. Sei es als Singe-Mann, Single-Frau oder als Paar. Dabei umfassen meine Beiträge emotionale, soziale, psychische und medizinische Aspekte sowie Informationen zu bestimmten Fragestellungen wie Ablauf einer Kinderwunschbehandlung oder der Auswahl eines passenden Kinderwunschzentrums. Wenn Ihr Euch einen Blogbeitrag zu einem ganz bestimmten Thema wünscht, schreibt mir doch gerne.

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  • Daniela Zeibig

Wie wir uns gesund abgrenzen können in der Kinderwunschzeit

Viele Menschen haben - auch ganz losgelöst von einem unerfüllten Kinderwunsch - Schwierig-keiten, sich gut und gesund abzugrenzen. Sei es in nahen Beziehungen oder im weiteren Umkreis der Familie, bei Freunden oder Kollegen. Dafür gibt es mannigfaltige Gründe. Sei es, dass wir Angst vor der Reaktion der anderen auf unsere Abgrenzung haben, so könnten wir etwa hinterher nicht mehr gemocht werden, die andere Person könnte sauer werden. Oder wir nehmen generell unsere Bedürfnisse nicht wahr oder nicht ernst genug. Das können sich Betroffene mit einem unerfüllten Kinderwunsch nur meistens nicht mehr leisten; zumindest nicht in Phasen, wo der Wunsch nach einem Kind sehr schmerzhaft ist und wir uns ohnmächtig und hoffnungslos fühlen oder wo wir uns in einer Kinderwunschbehandlung befinden, die eine wahre Achterbahn zwischen Hoffnung und Verlust ist.


Der Kinderwunsch steht hier stellvertretend für jede Lebenskrise die uns erfassen kann. Denn genau dann haben wir nicht mehr genug Ressourcen, um über unsere eigenen Belange hinweg zu gehen. Wir können das eine Zeit lang versuchen. Dann gehen wir halt auch noch zum Kindergeburtstag bei der Kollegin oder wir organisieren eben auch noch die Babyshower für die Schwägerin, obwohl es uns so sehr schmerzt. Nur leider stehen wir früher oder später vor dem Aus. Wir können und wir wollen nicht mehr über uns hinweg gehen, über unsere Gefühle hinweggehen, uns verstellen, „einfach funktionieren“. Denn es wirkt zwar erst mal einfach, ist aber eine große innere Kraftanstrengung, die uns auf Dauer ausbrennt.


Also, was tun, wenn die langjährige Teamkollegin uns zum Kindergeburtstag einlädt und unsere erste innere Reaktion ist „Oh nein, bitte nicht!“? Grundsätzlich kommt das darauf an, bis zu welchem Grad Du Dich öffnen und auch verletzbar machen möchtest. Bei all diesen Anfragen ist mein erster Rat: Nicht sofort zu- oder absagen. Wir haben Zeit. „Oh, vielen Dank, dass Ihr mich einladet. Mensch, ich glaube ich hab da schon was geplant. Lass mich nachschauen, ich sage Dir morgen Bescheid“. Dann kannst Du in Ruhe in Dich gehen und überlegen, wie Du Dich dahingehend fühlst. Wo stehst Du in Deinem Prozess, bist Du in einer Kinderwunschbehandlung, wie wichtig ist Dir die Kollegin? Das eine ist das Anschauen Deiner Kraftressourcen. Das andere ist das Anschauen des besagten Termines: Ist er nährend oder ist er eher anstregend und kostet viel Kraft? Du entscheidest, Du möchtest da eigentlich nicht hin? Alles klar: „ Du, ich hab nochmal geschaut, ich kann da leider nicht. Ich würde Dir aber gerne ein kleines Geschenk mitgeben“. Müssen wir uns schlecht fühlen, weil wir eine Notlüge hervorzaubern? Nein, denn wir sagen, wir können leider nicht. Und das ist auch so. Wir können nicht zum Kindergeburtstag, weil wir in einer Lebenskrise stecken und uns dem Thema „Kinder“ nicht noch zusätzlich über mehrere Stunden aussetzen wollen. Vor allem nicht in einem Umfeld, wo alle Spaß haben und vermitteln wollen. Die Maske, die wir dort tragen müssten, würde schwer wiegen. Und wir brauchen diese Kraft für uns und unseren Prozess. Gleichzeitig ist ein unerfüllter Kinderwunsch Privatsache und wir dürfen uns sehr genau aussuchen, wem gegenüber wir uns öffnen und wem gegenüber eben nicht. Denn auch, uns verletzlich zu machen und dann hinterher verletzt zu werden, weil die besagte Person nicht empathisch mit der Information umgeht, kostet wieder Kraft. Da gilt es also erst mal hinzuschauen und keinesfalls aus einem unbewussten Glaubenssatz ("Ich muss die Wahrheit sagen") uns einer Person anzuvertrauen, die dann nicht sensibel damit umgeht.


Du fühlst Dich sicher und hast das Bedüfnis, Dich Deiner Kollegin zu öffnen? Du könntest sagen „Du, ich danke Dir für Deine Einladung. Ich schätze Dich sehr und unter anderen Umständen wäre ich unglaublich gerne gekommen. Ich möchte Dir etwas anvertrauen, das Du bitte unter allen Umständen für Dich behalten musst. Versprichst Du mir das? (...) Mir geht es aktuell leider sehr schlecht, wir versuchen ein Kind zu bekommen und es ist sehr schwierig. Ich bin sehr traurig darüber. Deshalb möchte ich nicht zum Kindergeburtstag kommen. Ich wünschte es wäre anders.“


Leider haben viele von uns, auch noch in meiner Generation, gelernt, zu funktionieren. Innere Sätze wie „jetzt stell Dich nicht so an“, „andere können das doch auch“, „anderen geht es noch schlechter“ schwirren in unseren Köpfen herum. Und so reissen wir uns eben doch nochmal zusammen. Aber wir können es uns in der Kinderwunschreise nicht erlauben. Wir brauchen diese Kräfte, mental und körperlich. Vor allem mental. Denn die Reise kann lange sein und die meisten Menschen unterschätzen die psychische Belastung in Kinderwunschbehandlungen. Das ist einer der Gründe weshalb sehr viele Paare die Kinderwunschbehandlung nach dem ersten Mal schon abbrechen, ohne Erfolg und das nicht aus medizinischen Gründen. Wir würden ja auch nicht den Mount Everest besteigen und auf halber Höhe 3 Stunden Seilhüpfen. Denn dann wäre unklar, ob und wie wir den Gipfel jemals (gesund) erreichen. Außerdem wissen wir nicht, ob uns zwischendurch noch ein Sturm ereilt oder ob andere zusätzliche Hürden hinzukommen, die wir jetzt noch nicht erahnen. Es geht ja auch nicht darum, irgendwie durch die Kinderwunschzeit zu kommen, sondern es geht darum, gesund und mit möglichst viel Lebensqualität durch die Kinderwunschzeit zu kommen. Im Gegensatz zum Mount Everest wissen wir bei der KInderwunschreise leider nicht, wie lange sie dauert, wie anstregend sie werden wird und was das Ergebnis sein wird.


Und deshalb gilt es genau hinzuschauen, wo wir unsere Kräfte und unsere Zeit investieren und wo nicht. Es ist wichtig, dass wir hinschauen und hinhören. „Wie geht es mir?“, "Wieviel Kraft und Energie habe ich aktuell noch?" "Was muss ich unbedingt machen und was nicht?" Aus meiner Erfahrung ist es ein Muskel, den wir trainieren können. Beim ersten Mal ist eine Absage eines Ereignisses noch unangenehm und wir haben vielleicht ein schlechtes Gewissen. Dann merken wir, es passiert garnichts und uns geht es wunderbar damit. Beim nächsten Mal ist es schon einfacher.



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